PM des Bundesvorstands der Roten Hilfe:
Sind die bayerischen Repressionsbehörden ohnehin für ihre massiven Attacken gegen linke Bewegungen bekannt, versucht die Stadt Augsburg seit Monaten, Spitzenreiterin zu werden. Einen neuen Höhepunkt der staatlichen Verfolgungsmaßnahmen stellte die mehrstündige Razzia beim Offenen Antifa-Treffen am 1. März 2023 dar, gefolgt von brutalen Polizeieinsätzen gegen die Protestdemonstration am 5. März.
Am Abend des Mittwoch, 1. März 2023 stürmten Dutzende Beamt*innen des Staatsschutz-Dezernats und der Bereitschaftspolizei mit dem Ruf „Hände hoch!“ das Augsburger Hans-Beimler-Zentrum, in dem sich das Offene Antifa-Treffen versammelt hatte. Die Aktivist*innen mussten sich ohne nähere Erklärung vor dem Gebäude einzeln kontrollieren und durchsuchen lassen; Anrufe bei Anwält*innen wurden ihnen verwehrt, technische Geräte wie Handys und Laptops beschlagnahmt.
Es folgte eine stundenlange Razzia in den Räumlichkeiten, und erst gegen Ende legte die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss vor: Anlass des brutalen Polizeiüberfalls war ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen „gefährlichen Verbreitens personenbezogener Daten“. Konkreter Vorwurf war, dass das Offene Antifa-Treffen einen Artikel der Plattform Indymedia geteilt hatte, in dem über eine Protestaktion gegen zwei Augsburger AfD-Politiker*innen berichtet und deren Adressen genannt worden waren. Alle Anwesenden wurden in diesem Verfahren als „Zeug*innen“ geführt – Beschuldigte gibt es nicht. Die Polizei nahm zwei Personen zur Vernehmung aufs Revier mit und führte bei einem weiteren Anwesenden eine nächtliche Hausdurchsuchung durch, die im Zusammenhang mit einer Demonstration gegen die AfD in Rosenheim stand.
War bereits in dieser Nacht offensichtlich, dass die antifaschistische Bewegung in Augsburg durch brutale staatliche Willkür eingeschüchtert werden soll, gingen die Polizeiangriffe am gestrigen Sonntag ungehemmt weiter: Aus Protest gegen die Razzia fand am 5. März eine Demonstration in der Innenstadt statt, die von Anfang an mit Schikanen überzogen wurde. So wurden die Personalien aller Ordner*innen aufgenommen, und der Zug durfte nicht losgehen, weil die per Auflage vorgeschriebenen Abstände von drei Metern zwischen allen Transparenten nicht durchgängig eingehalten wurden. Später kam es wiederholt zu martialischen Attacken der Einsatzkräfte mit Pfefferspray und Schlagstöcken; mehrere Versammlungsteilnehmer*innen wurden dabei verletzt. Nach Abschluss der Versammlung bedrängte das Polizeiaufgebot weiterhin die Teilnehmer*innen und verfolgte sie noch über längere Zeit auf dem Heimweg.
Die jüngsten Repressionsmaßnahmen reihen sich ein in zunehmende Verfolgung der linken und besonders der antifaschistischen Bewegung in Augsburg: Unter anderem war eine Demonstration am 13. Dezember 2023 von der Polizei brutal angegriffen worden, wobei Dutzende Teilnehmer*innen verletzt wurden und teilweise erhebliche Platzwunden erlitten. Selbst die Gedenkdemonstration, die am 19. Februar an die rassistischen Morde 2020 in Hanau erinnerte, wurde von einem Unterstützungskommando (USK) mit einem Kamerawagen durchgehend überwacht, um die Antifaschist*innen einzuschüchtern. Mehrfache Hausdurchsuchungen und Dutzende von Verfahren in den letzten Jahren sollen die Antifaschist*innen einschüchtern und zermürben. Auch andere linke Bewegungen, etwa die Klimagerechtigkeitsgruppen oder feministische Initiativen, waren zunehmender Repression ausgesetzt.
„Die anhaltenden brutalen Angriffe der Polizei in Augsburg stellen eine neue Dimension der staatlichen Jagd auf Antifaschist*innen und andere linke Aktivist*innen dar“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Offenbar soll die Stadt als Experimentierfeld für neue Unrechtsstaatsmethoden genutzt und in erster Linie die antifaschistische Bewegung kriminalisiert werden. Gegen diese Entwicklung ist breiter gesellschaftlicher Protest nötig. Wir solidarisieren uns mit den betroffenen Aktivist*innen und stehen an ihrer Seite!“