Brutal, korrupt und illegal! Solidarität gegen Abschiebung und staatliche Gewalt!                           

Erstmals sollen bayerische Behörden, die im August 2017 an der äußerst brutalen Abschiebung einer Familie aus dem Abschiebelager Manching/Bayern nach Albanien beteiligt waren, für ihr kriminelles Vorgehen zur Rechenschaft gezogen werden.
Alle bayerischen Gerichte hatten aufklärende Ermittlungen wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung gegen die an der Abschiebung beteiligten Bundespolizisten, den von der Behörde eingesetzten Arzt und die Verantwortlichen des bayerischen Innenministeriums abgelehnt. Nun wurde beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht und wir sammeln Spenden.

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Brutal, Korrupt und illegal

Dieses Klageverfahren könnte einen Präzedenzfall schaffen, dessen Ausgang ähnliche Verfahren beeinflussen wird.
Wir erhoffen uns durch die Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht, die fehlenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erzwingen zu können. Denn das, was das Leben der Betroffenen zerstört, wird schlicht „Verletzung von Grundrechten“ genannt.
Und da Recht nicht gleich Gerechtigkeit ist und weil in Deutschland vor allem zählt, was auf Papier geschrieben steht, wollen wir diese Grundrechtsverletzung schwarz auf weiß bestätigt haben.

Vorbereitung von Straftaten

Die Geschichte des Asylrechts in Deutschland ist geprägt von Rassismus und Gewalt.
Erstaunt sahen wir, wie im Sommer 2015 in Deutschland zwar Züge mit Geflüchteten „Willkommen“ geheißen wurden, aber wenige Monate später im Herbst 2015 in Bamberg und Ingolstadt/ Manching die sogenannten Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen (ARE) als Prototyp für Abschiebelager eingerichtet wurden. In diese Sonderlager wurden zunächst Geflüchtete aus den zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärten „Westbalkanstaaten“ eingewiesen. Ziel der Bayerischen Staatsregierung war und ist es, Geflüchtete, denen eine „schlechte Bleibeperspektive“ unterstellt wird, möglichst schnell zur „freiwilligen Ausreise“ zu drängen oder abzuschieben. Schäbigste, menschenunwürdige Bedingungen sollen den Betroffenen deutlich machen, dass sie hier keine Chance auf ein Bleiberecht bekommen. Die Asylanträge sollen in Schnellverfahren bearbeitet werden. Bewohner*innen werden isoliert, haben kaum Zugang zu Sozial- oder Rechtsberatung und sind der Behördenwillkür schutzlos ausgeliefert.

In den folgenden Monaten beschloss die Bayerische Staatsregierung, dieses aus ihrer Sicht „erfolgreiche“ Konzept auszuweiten. Die ARE Manching/Ingolstadt wurde im März 2017 zum Transitzentrum und im August 2018 zu einem der sieben bayerischen AnkER-Zentren (Zentrum für Ankunft, Entscheidung, Rückführung) umgewidmet und für weitere Gruppen von Geflüchteten geöffnet.
Ständige Schikanen durch Security bis zu Großeinsätze die Polizei zur Durchsetzung von Abschiebungen und Ordnung machen den Leuten das Leben zusätzlich zur Hölle und provozieren Eskalationen, die zur rassistischen Hetze der Staatsregierung gegen Geflüchtete genutzt wird. Isolation und Entrechtung durch Lager, Bürokratie und Abschiebungen sind Teile eines umfassenden Systems zur Ohnmacht der Betroffenen.

Solidarität, Kritik und Widerstand sind nicht geduldet!

Am 05.07.2016 besetzten rund 40 Refugee-Aktivst*innen, meist Familien mit Kindern, den Regensburger Dom im Kampf um Bleiberecht und gegen die menschenverachtende Behandlung.
Statt den Schutz durch die Institution Kirche zu gewährleisten, wollte das Bistum Regensburg die Refugee-Aktivist*innen zum Aufgeben durch Aushungern zwingen und Solidarität verbieten.
Als das nicht erfolgreich war, stellte das Bistum Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und ließ letztlich die Pfarrei durch ein Großaufgebot der Polizei gewaltsam räumen.

Abschiebungstatt Kirchenasyl

Weil die Familie ihren Kampf um Bleiberecht immer kollektiv und öffentlich geführt hat, ist sie den deutschen Behörden und Repressionsorganen ein Dorn im Auge.
Es liegt nahe, dass die überdurchschnittliche Brutalität und rigorose Repression in allen Lebensbereichen (Ausländerrecht, Medizinische Versorgung, Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten der Kinder usw.) die staatliche Antwort auf dieses politische Engagement ist.

Liljana lebte mit ihrer Familie seit 2015 in Deutschland. Nach der Flucht aus Albanien wegen Blutrache verbrachte die Familie mit drei Kindern ca. zwei Jahre im bayerischen Lagersystem.
Die Familie hat sich wiederholt öffentlich-politisch, formal und praktisch gegen Abschiebungen gewehrt und war bei der Regensburger-Dombesetzung trotz aller Korruptionsversuche bis zum Schluss aktiv geblieben. Kurz nach der Räumung wurde ihr Asylantrag abgewiesen.

Nach zwei erfolglosen Abschiebeversuchen wurden Liljana und ihre drei Kinder am 01.08.2017 auf erbarmungslose Art und Weise und unter Umgehung aller Schutzgebote abgeschoben. Für den Vortag war die stationäre Aufnahme der psychisch schwer kranken Mutter geplant gewesen, die wegen Bettenmangels verschoben werden musste. Obwohl sie ihre Situation durch ein ärztliches Reiseunfähigkeitsattest beweisen konnte, haben die Beamten von einem korrupten Flughafenarzt die Unterschrift erpresst. Sie wurde mit Hand- und Fußfesseln abgeschoben und erlitt zahlreiche Blutergüsse. Auch ihr 14-jähriger Sohn wurde gewaltsam abgeführt. Die Töchter (11 und 2 Jahre alt) mussten alles mit ansehen. Nach den vorangegangenen Abschiebeversuchen im März und April war die zweijährige Tochter so schwer traumatisiert, dass eine längere stationäre Behandlung erforderlich war.
Für die brutale Durchführung der Abschiebung beschuldigen wir die beteiligten Staatsbediensteten der Freiheitsberaubung und Körperverletzung.

2018 flohen die zwei älteren Geschwister aus Angst vor Blutrache erneut nach Deutschland. Diesmal allein und ohne Kontakt zu den Eltern, wurden sie nun in einer Jugendhilfeeinrichtung in Bayern untergebracht, hatten Schule, Ausbildung und Freund*innen.
Das kriminelle Vorgehen der Behörden bei der damaligen Abschiebung wurde angezeigt, jedoch von bayerischen Gerichten nicht behandelt. Um Freiheitsberaubung und Körperverletzung zu ahnden, musste im April 2019 Verfassungsbeschwerde eingereicht werden.

Völlig unerwartet wurden daraufhin am 19.06.2019 die beiden Teenager erneut brutal von der Polizei überfallen, inhaftiert, abgeschoben und sich selbst überlassen1. Die brutale Festnahme geschah in Anwesenheit von Jugendamt und Vormund ohne Rücksicht auf das Kindeswohl und erneut ohne, dass der Staat sich an seine eigenen Gesetze hält.
„Wir sind hier versteckt und müssen weg, weil wir nicht sicher sind. Ich habe große Angst.“ sagt die 13-Jährige Schülerin zwei Tage nach der Abschiebung. Sie berichtet, wie sie und ihr Bruder gegen neun Uhr morgens im Stadtpark in Osterhofen rabiat festgenommen wurden. Acht Polizeifahrzeuge und ca. 20 Beamt*innen waren an dem Einsatz beteiligt, als der 15-jährige Berufsschüler ohne Vorwarnung gegen einen Autospiegel gestoßen, auf dem Boden fixiert und mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt wurde. Seine Schwester musste ohne Unterstützung eines Erwachsenen durchsetzen, nicht auch in Handschellen abgeführt zu werden. Obwohl die für das Kindeswohl verantwortlichen Staatsbediensteten bei Festnahme und Abschiebung anwesend waren, haben sie weder im Vorfeld – wie es gesetzlich vorgeschrieben ist – noch im gesamten Verlauf mit den Kindern gesprochen und deren Rechte geschützt. Nach der Festnahme wurden die Kinder getrennt und direkt zum Münchner Flughafen gefahren. Es wurde ihnen nicht einmal erlaubt, persönliche Dinge, Kleidung oder Geld mitzunehmen. Bis zum Abflug wurden sie isoliert in Einzelzellen des Münchner Flughafens eingesperrt – ohne Ansprechpartner*innen, ohne Nahrungsmittel, ohne Handys. In Tirana/Albanien angekommen, verabschiedeten sich die Vormündin und ein Jugendamtsmitarbeiter an der geöffneten Flugzeugtür. Als unbegleitete minderjährige Geflüchtete ohne Gepäck, sind die Jugendlichen weder einer geeigneten Jugendeinrichtung in Albanien, noch den Sorgeberechtigten übergeben worden. Das Wohl der Kinder, entsprechende Unterbringung und Versorgung sind nicht garantiert.

Wir sind nicht alle! Es fehlen…. 70.000 Leute.

Um Rassismus und die politische Idee der Festung Europa zu manifestieren, wird regelmäßig offensichtlich unverhältnismäßige Gewalt angewandt. Ärztliche Reiseunfähigkeitsatteste werden übergangen, indem das Innenministerium die Unterschrift des Flughafenarztes befiehlt. Humanitäre Mindeststandards werden nicht eingehalten. Abschiebeflieger starten bevor das letzte Urteil des Gerichts gesprochen ist.
Zwischen August 2017 und Juni 2019 verzeichnet Deutschland ca. 70.000 Abschiebungen bzw. erzwungene sogenannte freiwillige Ausreisen. Unzählige Aktionen und Kampagnen haben bisher keine grundlegende Änderung der rassistischen Politik bewirkt.

Wir rufen dazu auf, die Gesellschaft über die Brutalität der Abschiebelager aufzuklären um Lager abzuschaffen! Denn sie sind sowohl ein vor Ort angreifbares Instrument des europäischen Grenzregimes, als auch Orte der Entrechtung, Isolation und Ausbeutung, die alle diese Gewaltverbrechen ermöglichen und zu oft sang und klanglos in der Geschichte des Asylrechts in Deutschland verschwinden.

Viele Menschen haben schon für die Kosten der Asylverfahren und die Lebenshaltungskosten von Liljanas Familie gespendet. Jetzt rufen wir dazu auf, für die Kosten der Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht zu spenden. Das Geld wird für die Anwaltskosten von mehreren Tausend Euro dringend gebraucht!

Die ausführenden Organe – in diesem Fall die beteiligten Bundespolizisten, der behördlich eingesetzte Arzt und die Verantwortlichen vom bayerischen Innenministerium – sind schuldig und müssen für ihr kriminelles Vorgehen zur Rechenschaft gezogen werden!

 

 

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